Was hatten wir nicht jahrelange Debatten, ob es nun eine (straffreie) Kollektivbeleidigung ist, wenn jemand mit der Abkürzung ACAB1 auf dem T-Shirt im Stadion herumläuft. Arg komplizierte, rechtliche Konstruktionen mussten herhalten, um solche nicht tolerierbaren Missetäter zu belangen. Da konstruierte man eine Zeit lang einen „abgeschlossenen Personenkreis“ der im Stadion eingesetzten Beamten. Dies geschah nur, um später sagen zu können, dass der Kreis derjenigen, die durch so ein Shirt Schaden nehmen, so begrenzt sei, dass man den Unhold für eine jetzt doch individuelle Beleidigung hinter Schloss und Riegel bringen könnte – oder zumindest mit einer Geldstrafe auf den Pfad der Tugend zurückbringt.

In der Folge gab es einen nicht enden wollenden Spießrutenlauf. Immer wieder wurden neue Motive entwickelt, die eine neue Umwandlung der vier Buchstaben beinhalteten. Die Übersetzung der Buchstaben in „1312“ ist eine der bekannteren davon. Auch sie führte, weil ja jeder normale Bürger sofort die wahre Bedeutung und damit die unfassbare Beleidigung gegenüber der integren Polizei und ihrer Beamten wahrnehmen konnte, zu Anzeigen und Verurteilungen wegen Beleidigung.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierin zuletzt eine recht eindeutige Sprache an den Tag gelegt, was die Straffreiheit von Kollektivbeleidigungen angeht. So wurde dem Bürger ein verblüffendes Recht zubilligt, der Polizei als Institution kritisch gegenüber zu stehen, weshalb es nun fast so wirkt, als könnte man diese Akte schließen.

Offenbar sieht dies auch die Polizei so, die sich dem Thema angenommen hat und ihre eigenen im Stadion eingesetzten Beamten nunmehr sogar selbst mit dem kritischen Slogan ausstattet. So gesehen am Spieltag X gegen Y:

Nun ja, es dürfte klar sein, dass dieser Text sich als von leichter Ironie getragen verstanden wissen will. Die Realität ist eine andere. Es gibt nach wie vor Anzeigen gegen Personen, die sich mit dem Kürzel oder vergleichbaren Motiven ins Stadion wagen. Ein Beamter, der sich durch ein solches Motiv auf die Palme bringen lässt (und davon gibt es leider welche), wird immer einen Grund finden, weshalb sich die Beleidigung nunmehr gerade eben nur noch auf ihn persönlich beziehen soll. Und damit wandelt sich diese Geschichte wieder von einer straffreien Kollektivbeleidigung zu einer strafbaren Individualbeleidigung.

Unser Rat nach wie vor: Lasst Kleidung mit dem Kürzel daheim.

__________________

1ACAB wird in diesem Text als Abkürzung für „All cops are bastards“ verstanden. So wird die Abkürzung auch von den Ermittlungsbehörden interpretiert, obwohl sie gemeinhin auch für folgende Äußerungen genutzt wird:
Alle Clubfans am Bierstand
Acht Cola Acht Bier
All chicks are beautiful
All cows are beef
Always carry a bible

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.