Das Freundschaftsspiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und Ajax Amsterdam im Juli 2011 ging für Ajax verloren. Für drei Niederländer brachte es besonderes Unglück: Sie landeten über Monate hinweg in Untersuchungshaft.

Eine Gruppe niederländischer Fans, die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft der Amsterdamer Hooligan-Szene angehören, soll an diesem sonnigen Samstag lange vor Spielanpfiff in einem Biergarten in der Nürnberger Innenstadt randaliert haben. Es seien Stühle und Gläser geflogen, mehrere Personen seien verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft sprach von “gefährlicher Körperverletzung” und beantragte gegen drei vermeintliche Täter Haftbefehle beim Amtsgericht, die auch prompt erlassen wurden.

Die Angehörigen der Festgenommenen schalteten einen Amsterdamer Anwalt ein, der über die Internetseite www.fananwaelte.de, die in der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte organisierten und für die Rot-schwarze Hilfe in Nürnberg tätigen Strafverteidiger Ralf Peisl und Jahn-Rüdiger Albert kontaktierte. Beide verteidigen seitdem zwei der Festgenommenen.

Die bayerische Justiz zeigte ihre schärfsten Krallen: Die drei Beschuldigten wurden behandelt wie Schwerverbrecher - Verwandtenbesuche nur mit Überwachung durch die Kriminalpolizei, Kontaktsperre unter den Beschuldigten, wochenlange Untersuchungshaft. In Windeseile wurde eine Anklageschrift fabriziert. Und was man nur aus Wirtschaftsgroßverfahren oder Schwurgerichtsprozessen kennt: Die Staatsanwaltschaft gab sogar eine Pressemitteilung bei Anklageerhebung heraus. Landesweit wurde diese von den Medien ungeprüft wiedergegeben, Berichte über gewalttätige Fußballfans laufen immer gut.

Lediglich die Nürnberger Zeitung machte sich die Mühe der Gegenrecherche und berichtete über massive Kritik der Verteidiger Ralf Peisl und Jahn-Rüdiger Albert an den Ermittlungen. Albert: “Mein Mandant hat immer bestritten, überhaupt am Tatort gewesen zu sein. Dennoch wurden die von ihm selbst benannten Entlastungszeugen ignoriert und nicht befragt.” Auch Rechtsanwalt Peisl ist sich sicher, dass sein Mandant von den Zeugen verwechselt wurde aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes: groß, kräftig, tätowiert.

Die Anwälte kritisierten die Ermittlungsarbeit scharf: Obwohl es klare Richtlinien gibt, wurden den Zeugen keine sogenannten Wahllichtbildvorlagen zur Identifizierung vorgelegt. Die Polizei habe teilweise suggestiv gefragt.

Auf eine Beschwerde der Verteidiger hin hob das Landgericht Nürnberg-Fürth die Haftbefehle mittlerweile gegen Zahlung einer Kaution von 15.000,-- Euro pro Person auf. Teilweise war es sehr schwierig, so viel Geld zu sammeln. Mittlerweile konnten aber alle drei das Gefängnis verlassen und in die Heimat zurück kehren. In Nürnberg solidarisierten sich FCN-Fans mit den Betroffenen, indem sie im Stadion ein Unterstützungs-Banner aufhängten. Die Rot-Schwarze Hilfe spendete Geld für die Verpflegung im Gefängnis.

Ob über die Anklage bei Gericht jemals verhandelt wird, steht noch nicht fest. Das Amtsgericht schickte die Akte zurück an Polizei und Staatsanwaltschaft und forderte auf, noch einmal gründlich zu ermitteln. Auch das ein äußerst seltener Vorgang.

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