Fußballfans im Visier - Lobbyismus im Auftrag der Polizei
In den vergangenen Wochen kam es vermehrt zu gewalttätigen Polizeieinsätzen in Zusammenhang mit Fußballspielen.
Unter anderem bei den Begegnungen von St. Pauli gegen Hannover sowie der Eintracht Frankfurt gegen den VfB Stuttgart. In beiden Fällen wurde massiv Pfefferspray seitens der Polizei eingesetzt. Die Folge waren zahlreiche verletzte Fans, die meisten davon komplett Unbeteiligte.
In Bayern kam es im August zu einem Polizeieinsatz, bei dem ein Polizist des USK auf einen Bus der Fanbetreuung von Borussia Mönchengladbach schoss. Nicht auszudenken, welche Folgen es gehabt hätte, wären zu diesem Zeitpunkt Personen in dem Fahrzeug gesessen.
Tatsächlich ist das Thema der wachsenden Repression und ausufernder Polizeieinsätze kein neues Phänomen im Umfeld von Fußballspielen. Schon seit vielen Jahren bieten die regelmäßigen Einsatzgeschehen rund um den Fußball der Polizei die Möglichkeit, Einsatztaktiken und neue Ausrüstung und Technologien einmal am lebenden Objekt zu testen. In Nürnberg hat sich die Polizei beispielsweise einen eigenen Reiterhof gegönnt. Als Legitimation für dieses teure Hobby dienen selbstverständlich auch die regelmäßigen Ausritte zu den Fußballspielen des FCN. Ob es Sinn macht, auf dem Rücken von Pferden durch Menschenmengen zur galoppieren, darf hier jeder für sich entscheiden. Ähnlich verhält es sich mit den Drohnen, die seit geraumer Zeit regelmäßig zur Überwachung des Stadionumfelds eingesetzt werden. Auch hier stellt sich die Frage, ob es wirklich sein muss, kontinuierlich und für einen Laien nicht wahrnehmbar, Menschen abzufilmen.
Um das eigene Vorgehen zu legitimieren, betreibt die Polizei über ihre eigenen Socialmedia Kanäle und Pressemitteilungen politische Meinungsmache, indem sie schon während der Einsätze ihre kalkuliert widerlegbare Sicht der Dinge öffentlich macht. Oftmals übernehmen Medien diese Meldungen leider unhinterfragt. Somit liegt die Deutungshoheit über Einsätze gerade im ersten Moment, in dem das Interesse am Geschehen am größten ist, in den Händen der Polizei. So geschehen beispielsweise vor Kurzem beim Fußballspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem VFB Stuttgart.
Hier wurde fälschlicherweise behauptet, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fans der beiden Vereine gekommen sei. Die Bilanz des Polizeieinsatzes: über 100 zum Teil schwer verletzte Fußballfans, sowie eine Vielzahl verletzter Ordner und Einsatzkräfte. Eine Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Fans gab es vorher nachweislich nicht, das hat im Nachgang sogar die Pressestelle der Polizei zugegeben. Bei den Verletzungen der Ordner und Einsatzkräfte ist davon auszugehen, dass sie größtenteils durch das eingesetzte Pfefferspray entstanden sind. Auch hierzu wird es vermutlich erst gesicherte Informationen geben, wenn das öffentliche Interesse schon wieder abgeflacht ist.
Doch damit nicht genug. Die ersten Zeilen dieses Textes waren gerade geschrieben, da erreichte uns ein Video von Youtube. Darin Zu sehen: Unsere werten Vereinsfunktionäre Hecking, Rossow und Co. bei einer „Charityaktion“ mit Vertretern der Polizeigewerkschaft „DPolG“ in den Räumlichkeiten unseres 1. FC Nürnbergs. Ein Schlag ins Gesicht für jeden Fußballfan. Die DPolG und die GDP treten als Lobbyorganisationen der Polizei erwartbar für die Interessen ihrer Mitglieder ein. Durch die Dramatisierung von Geschehnissen und überspitzten Forderungen ist es ihr erklärtes Ziel die Polizei hochzurüsten und mit weitreichenden Befugnissen auszustatten. Zudem liegt es in ihrem Interesse, eine Strafverfolgung von Polizisten nach gewalttätigen Einsätzen zu verhindern. So gehört es auch zum Repertoire dieser Gewerkschaften, sich beim Presserat über unangenehme Berichterstattung von Medienhäusern im Nachgang von Polizeieinsätzen zu beschweren.Währenddessen zeigen folgende Zitate, welche undifferenzierte Meinung Vertreter dieser Gewerkschaften gegenüber uns Fußballfans vertreten:
„Diese Fussballkriminellen und ihre Anstifter kann man nicht sozialisieren, hier helfen weder Fanprojekte noch Appelle“ (Klemens Burzlaff / DPolG Hamburg)
oder
„Auffällige Fußballchaoten müssen mit Präventivhaft rechnen“ (Rainer Wendt / Oberboss DPolG)
Dass sich hier ein Dieter Hecking mit eben diesen Lobbyisten gemein macht, ist aufgrund seiner eigenen Vergangenheit als Polizist wenig verwunderlich. Ein derartiges Interview zu geben und damit den fanfeindlichen Populismus der DPolG auch noch zu befeuern, das sprengt jedoch jeden Rahmen. So lässt er im Interview folgendes verlauten:
„Wenn man so Bilder wie von Sankt Pauli gegen Hannover sieht, wo Kollegen im Block attackiert werden - dann stellt sich natürlich die Frage, ob man das überhaupt noch in den Griff bekommen kann. Anscheinend müssen wir den Strafenkatalog deutlich anziehen.“
Vielleicht sollte Herr Hecking tatsächlich mal über eine Rückkehr in den Streifendienst nachdenken, wenn seine Solidarität auf Seiten prügelnder Polizisten liegt anstatt auf denen der zahlreichen verletzten Fans!
Mit Blick auf die EM im kommenden Jahr kann man mit Spannung erwarten, welche Experimente von Seiten der Polizei zum Ausloten der Grenzen ihrer Befugnisse noch zu sehen sein werden. Wie weit die Grenzen ohnehin schon sind, steht im neuen Polizeiaufgabengesetz (PAG) geschrieben. Dieses legitimiert Rainer Wendts Forderung nach der „Präventivhaft“ nämlich sogar noch juristisch. Hierbei ist eine Haft über den Zeitraum von zwei Monaten möglich. Allein durch Anordnung der Polizei. Ohne Gerichtsverfahren. Mit der Option auf unbegrenzte Verlängerung. Ohne das Recht auf einen Anwalt. Gewaltenteilung? Fehlanzeige! Konnte man im laufenden Jahr schon beobachten, wie es sogenannten „Klimaklebern“ zum Verhängnis wurde, bleibt abzuwarten, inwiefern es im kommenden Jahr dann auch bei uns Fußballfans Anwendung finden wird. Womöglich reicht für eine Präventivhaft dann sogar eine Listung in der „Datei Gewalttäter Sport“. In dieser Datei landet man häufig schon allein aufgrund einer Personenkontrolle im Zusammenhang mit einem Fußballspiel. Und auch durch die vergangenen Einsätze kann man davon ausgehen, dass diese Datenbank wieder ordentlich mit Mitgliedern gefüllt wurde.
Aus Fansicht kann man sich glücklich schätzen, dass die Polizei in den Stadien einer Gemeinschaft gegenübersteht, die gewalttätige Einsätze nicht ohne weiteres hinnimmt und die auch in der Lage ist die Deutungshoheit über solche Einsätze in Frage zu stellen und sich ggf. auch juristisch zur Wehr zu setzen.
Rot-Schwarze Hilfe, Dezember 2023
Nachruf für Manuela „Mausi“ Wagner
Am Wochenende erreichte uns die traurige Nachricht vom unerwarteten Tod unserer geschätzten Manuela „Mausi“ Wagner.
Die meisten von euch dürften sie in den letzten Jahrzenten als festen Bestandteil unserer Glubbfamilie kennen gelernt haben. Für viele jüngere Mitglieder unserer Fanszene war Mausi ein wichtiger Bezugspunkt und so schmerzt ihr Verlust umso mehr. Auch das Vereinsgeschehen der RSH prägte Mausi viele Jahre lang, sie war vor allem in der Mitgliederverwaltung und als offenes Ohr immer eine große Bereicherung.
Viele unangenehme Arbeiten übernahm sie im Hintergrund ohne viel Dankbarkeit zu erwarten.
Nun gilt es zurückzublicken, auf die vielen guten Gespräche und lustigen Geschichten und Danke zu sagen. Danke für ihre Verdienste, um unseren Verein und unsere Fanszene und für die Unterstützung in all den Jahren.
Wir wünschen „Mausis“ Familie all die Kraft, die sie in den schweren Stunden jetzt benötigt.
Rot-Schwarze Hilfe
ACAB-Werbung der Bundespolizei
Erstmal das Datum verglichen, nicht dass wir uns hier mit dem größten Aprilscherz aller Zeiten bis auf die Knochen blamieren. Aber wir sind noch immer im Januar 2023 und können es nicht fassen, mit welcher Unverfrorenheit die deutsche Bundespolizei mit der Buchstabenfolge „ACAB“ nun Werbung macht.
https://www.bundespolizei.de/Web/DE/04Aktuelles/01Meldungen/2023/01/230118-acab.html
Jahrzehntelang haben wir uns das Lamento der Polizeibeamten und -gewerkschaften angehört, sie würden sich bei „ACAB“ in Ihrer Ehre verletzt fühlen und jetzt wird mit genau diesen Buchstaben geworben?! In unzählbaren Strafverfahren wurden Menschen in diesem Land verurteilt, weil sie in irgendeiner Form ihre Ablehnung der Polizei gegenüber zum Ausdruck gebracht haben. Gerade beim Fußball wurden Fans wegen „ACAB“ in ihrer körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigt, eingesperrt und mit Anzeigen überschüttet; wahrscheinlich Millionen von Euros mussten in Strafen, Gerichts- und Anwaltskosten investiert werden.
Hochrisikospiel Rostock – Nürnberg, November 2022
Endlich wieder ein Auswärtsspiel in Rostock. Nach dem der 1. FC. Nürnberg im DFB-Pokal 2018 auf die Hanseaten traf, hatte man als Nürnberger Fanhilfe auch 300 Fälle zu bearbeiten. Daher fuhr man mit wenig Vorfreude nach Rostock, da man ein Sicherheitsspektakel der Polizei erwartete und man wurde auch nicht enttäuscht. Welch sinnfreien und vor allem kostspieligen Einsatz man miterleben durfte soll dieser Bericht aufzeigen.
Polizisten aus drei Bundesländern: MVP, Hamburg und Berlin
Wasserwerfer, Hubschrauber, massenhaft Einsatzkräfte + Ordner und ca. 600 Gästefans
Fanbusse wurden auf der Autobahn ca. ab Berlin von einem Hubschrauber eskortiert
Hausverbot beim FCN – Verein handelt unfähig und peinlich
1. FC Nürnberg – Werder Bremen, 05.11.2021, 18:30 Uhr
Ein RSH-Mitglied meldet telefonisch vor Anpfiff der Begegnung seine Festnahme in der Nähe der S-Bahn-Haltestelle Frankenstadion und berichtet vom Erhalt eines schriftlichen Hausverbotes für das oben erwähnte Spiel. Ein Tageshausverbot, ausgestellt durch die Polizei?
Ein solches Dokument war uns bis zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt. Erste Vermutung von uns war, dass offenbar ein Hausverbot von einem Bevollmächtigten des Veranstalters unterschrieben wurde und um den ganzen mehr Nachdruck zu verleihen, tut man dann scheinbar so, dass es sich um ein polizeiliches Schreiben handle.
Ein halbes Jahr später stellt sich dies für uns als Gewissheit dar, denn der mandatierte RSH-Anwalt bestätigt nach erhaltener Akteneinsicht, dass das Hausverbot nicht von der Polizei ausgestellt wurde.
Nun stellte sich für uns die Frage, welche Person als Bereichsleiter das Hausverbot ausgesprochen hat und ob diese Person die hierfür erforderliche Bevollmächtigung durch den Veranstalter und Inhaber des Hausrechts, den 1. FC Nürnberg, hatte?
Mit dieser Frage, wandte sich am 14.04.2022 der RSH-Anwalt an den Vorstand des FCN in Form eines Briefes. Zwei Wochen später erhielten wir Antwort: „Es ist dabei unerheblich, ob das Dokument durch die Polizei oder den benannten Bereichsleiter des Ordnungsdienstes ausgefüllt bzw. ausgesprochen wird, da der 1. FC Nürnberg die Wahrnehmung seines Hausrechtes auf beide Organisationen übertragen hat.“
Am 06.05.2022 hat sich der RSH-Anwalt nochmals mit einem Brief an den FCN gewendet mit der erneuten Nachfrage, welche Person als Bereichsleiter des Ordnungsdienstes das Hausverbot nun ausgesprochen hat und ob diese Person vom Vorstand als Vertreter des FCN auch die erforderliche Bevollmächtigung hierfür erhalten hat. Insbesondere ergibt sich aus den polizeilichen Unterlagen, dass der Polizei gerade nicht das Hausrecht übertragen und sie nicht zum Ausspruch von Hausverboten ermächtigt wurde.
Zwischenzeitlich schickt der FCN unserem Mitglied einen Antrag auf bundesweiten Stadionverbot. Die bevollmächtigte RSH einigt sich mit der FCN-Fanbetreuung auf das Ableisten von 24 Sozialstunden in einem Tierheim statt bundesweiten Stadionverbot.
Das der FCN Fanbetreuung Ende Juli 2022 vorgelegte Hausverbot und die offenen Fragen konnten nicht beantwortet werden. Für die Fanbetreuung war das Schreiben des Tageshausverbotes auch neu, zudem konnte auch die Unterschrift des Bereichsleiters nicht zugeordnet werden. Der hinzukommende neue Sicherheitsbeauftragte des FCN, glaubte sich an den Fall zu erinnern, sprach von Schwierigkeiten und aggressiven Verhalten am Stadioneinlass. Die RSH argumentiert, dass dies nicht sein kann, denn das Mitglied wurde auf dem Weg zum Stadion festgenommen, auf die Stadionwache gebracht und ist nach seiner Entlassung auf direkten Weg nach Hause gefahren. Wie soll das Mitglied dann am Stadioneingang aggressiv gewesen sein???
Einige Tage nach dem RSH-Besuch bei der Fanbetreuung erhielten wir von dieser folgende E-Mail: „Deine Fragen vor allem hinsichtlich des Tageshausverbotes haben wir weitergeleitet, da es sich um ein laufendes Strafverfahren handelt, erhalten wir hierzu aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Informationen. Wir gehen davon aus, dass offene Fragen des bevollmächtigten Anwaltes zeitnah beantwortet werden.“
Zeitnah heißt beim FCN was genau? Am 21. Oktober 2022 wird der dritte Anwaltsbrief mit der wiederkehrenden Frage an den FCN versendet. Auf diesen Brief wird überhaupt nicht reagiert, so dass die RSH das Problem am 02.11.2022 im Fanbeirat vorbringt.