Vor dem Gesetz sind alle gleich. Heißt es. Sagt auch das Bildnis der Justizia, die genau aus diesem Grund eine Augenbinde trägt. Eben weil sie gleichmäßig entscheiden soll, ganz gleich ob jemand mit der Nadel im Arm oder im Nadelstreifenanzug erscheint. Oder in Uniform.
Dabei hätte auch RSH-Mitglied Heinrich (Name von der RSH geändert) durchaus in Uniform vor Gericht erscheinen können, er ist nämlich Soldat und hat dieses Land, das ihn nun vor Gericht gebeten hat, unter anderem bei heftigen Einsätzen in Afghanistan vertreten. Aber Heinrich zog es vor, in ordentlicher Zivilkleidung zu erscheinen, nicht ohne die Furcht, für eine in seinen Augen völlig seltsame Anklage gerade stehen und im üblen Fall auch noch zu unrecht verurteilt werden zu müssen.
Gegenstand des Vorwurfs war eine Anzeige durch zwei Bundespolizisten, die Heinrich und drei weitere Angeklagte mit mehr oder weniger Phantasie zusammengebaut haben. Bei einer Zugfahrt sollen Heinrich und seine Freunde - die Jungs sind nun wahrlich keine Fußball-Chaoten – danach gegeiert habe, ein paar nervige Bayernfans auf der Heimfahrt von einem bierseligen Festchen mal so richtig zu verklopfen. So jedenfalls dürfte die Prognose der Herren Beamten gewesen sein, sahen sie sich doch gezwungen, in dem Zug eine Art Sperre aufzubauen, damit die beiden Lager nicht zueinander kommen können. Dafür nahmen sie auch eine nicht allzu kurze Fahrt von ihrem Einsatzort in Kauf. Nun gehen die Schilderungen vor Gericht extrem auseinander. Allerdings nicht nur die der Zeugen in Bezug auf die Beamten, sondern auch der Beamten untereinander. Und zwar so extrem, dass das Gericht das Verfahren gegen sämtliche Angeklagte einstellt. Im Raum standen wohlgemerkt Widerstand und Tritte durch Heinrich.
Aber spätestens zu dem Zeitpunkt, als der zweite Beamte sich in Widerspruch zu seinem Kollegen setzte, indem er behauptete, der von seinem Kollegen eingepfefferte Heinrich habe am Boden gelegen – sein Kollege hatte wenige Minuten vorher beschrieben, dass Heinrich stand – konnte das Gericht nicht mehr ernsthaft von einer Glaubwürdigkeit der Beamten ausgehen.
Wenige Minuten vorher hatte bereits der Beamte Nummer eins zunächst berichtet, er habe das Pfefferspray angedroht. Etwa zwei Minuten später bestätigte er dem Richter auf Nachfrage, dass für eine Androhung keine Zeit mehr war. Nochmal etwa fünf Minuten später wartete er mit der dritten Version auf, er habe das Spray angedroht. Und gleichzeitig losgesprüht.
Zurück zum Anfang. Die beiden Beamten erschienen uniformiert vor Gericht. Möglicherweise war das der Grund, warum der Vorsitzende nicht wie üblich auf die Folgen einer falschen Aussage hinwies. Aussagen, die, wenn sie nicht derart offenkundig schlampig gewesen wären, durchaus dazu führen hätten können, dass Heinrich seinem Volk nicht mehr hätte dienen dürfen. Auslandseinsätze sind für Vorbestrafte nämlich faktisch nicht möglich. Und zu einer Vorstrafe hätte der behauptete Sachverhalt durchaus geführt. Glück für Heinrich. Aber was wäre, wenn ...